Kollektiv Druck-Reif

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Gut aufeinander eingespielte, erfahrene Teams

Gabriele Gockel
 Übersetzerin und Gründungsmitglied des Kollektivs Druck-Reif
 
 1954 geboren in Dortmund. Studium der Neueren deutschen Literaturwissenschaft und Philosophie an der LMU München. Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache an der Internationella Skolorna, München. Zahlreiche Reisen steigern das Interesse an politischen und gesellschaftlichen Themen und weiten den Blick für andere Kulturen. 1987 Gründung der Übersetzergemeinschaft Kollektiv Druck-Reif gemeinsam mit Studienkollegen. Das Übersetzen erweist sich als ideal, die Leidenschaft für präzises Formulieren mit der Vielzahl inhaltlicher Interessen zu verknüpfen – und dabei immer wieder dazuzulernen.
 

Was macht Ihrer Ansicht nach eine gute Übersetzung aus?

Einer guten Übersetzung merkt man nicht an, dass es eine Übersetzung ist. Sie sollte die Sprache des Autors stilistisch adäquat widerspiegeln - und muss manchmal auch dessen Schwächen ausgleichen.

Wie kam es zu der Idee des kollektiven Arbeitens und welche Vorteile hat das Arbeiten im Kollektiv?

Studenten und Studentinnen geisteswissenschaftlicher Fächer, zum Teil schon erfahren im gemeinschaftlichen Arbeiten, wollten ein gemeinsames Projekt im literarischen Bereich auf die Beine stellen. Dabei standen für uns an vorderster Stelle: Solidarität statt Konkurrenz, weg von der Isolation im literarischen Kämmerlein, Stärkung des Einzelnen in der Verlagslandschaft, Sicherheit und Hierarchiefreiheit (Basisdemokratie).

Wie vermeiden Sie, dass erkennbar wird, dass mehrere Leute bei der Übersetzung mitgewirkt haben?

Durch intensives Gegenlesen und Bearbeiten der Texte der anderen Beteiligten. Austausch, Diskussion und Orientierung am Autor, nicht an den eigenen Eitelkeiten. Gemeinsame Glossare, gemeinsame Recherche. Herausbildung von gut aufeinander eingespielten, erfahrenen Teams.

Welche sind die bekanntesten Bücher, die Sie übersetzt haben?

John Iliffe. Geschichte Afrikas; Robert S. McNamara: Vietnam, das Trauma einer Weltmacht; Tariq Ali: Fundamentalismus im Kampf um die Weltordnung; Maude Barlow/Tony Clarke: Blaues Gold; Hugh Miles: Al-Dschasira. Ein arabischer Sender fordert den Westen heraus; Fred Pearce: Wenn die Flüsse versiegen; Noam Chomsky: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen. Zentrale Schriften zur Politik (daraus der Großteil der verschiedenen Aufsätze); Barbara Ehrenreich: Smile or die. Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt; Richard Cobb: Tod in Paris. Die Leichen der Seine; David Simon: Homicide. Ein Jahr auf mörderischen Straßen. Howard Sounes. Paul McCartney. Das Porträt. Peter Mayle. Hotel Pastis; Lisa Carey: Das Lied der Insel; Douglas Kennedy: Die Entscheidung; Nicci Gerrard: Als er für immer ging.

Welche Entwicklungen hat das Kollektiv Druck-Reif in den 25 Jahren seit seiner Gründung durchlebt?

Vom Ideal und manchen ideologischen Auseinandersetzungen zum praktikablen Optimum und zu zunehmend differenzierten Lösungen. Von einer relativ hohen Mitgliederzahl und Fluktuation zu annähernder Stabilität seit einigen Jahren.

Wie hat sich das Übersetzermetier in dieser Zeit gewandelt?

Der Übersetzer ist vielleicht ein wenig sichtbarer geworden, aber immer noch nicht adäquat ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Durch das Internet ist die Recherchearbeit erleichtert worden, aber auch eine weitere Beschleunigung eingetreten. Leider ist eine Tendenz zum Verzicht auf ein ordentliches Lektorat in britischen, amerikanischen und französischen Originalverlagen festzustellen, was der Übersetzer ausgleichen muss. Durch die neuen Medien werden die Vertragsbedingungen kompliziert.

Wird künstliche Software-Intelligenz den Übersetzerberuf in den nächsten Jahren überflüssig machen?

Nein, das glaube ich nicht. Jedenfalls nicht für literarische Übersetzer. Übersetzercomputer liefern nur Stilblütensalat.

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