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Interview mit Dr. Martin Huber

Wie sind Sie auf die Geschäftsidee myheimat Deutschland gekommen?

Wir sind ursprünglich mit einem einzigen lokalen Stadtmagazin gestartet und haben bereits früh begonnen, die Inhalte dafür webbasiert zu erfassen. Uns wurde dann sehr schnell klar, dass absolut nichts dagegen spricht, auch externen Einrichtungen wie Vereinen, Schulen oder der Kommune, Zugang zu diesem onlinebasierten Redaktionssystem zu verschaffen. Gleichzeitig hörte man erstmals von den Bürgerreporterströmungen aus den USA und der Begriff des Web 2.0 wurde geprägt. Fasziniert von dieser Idee haben wir schließlich das System für alle geöffnet und es deutschlandweit ausgerollt.

Wenn Sie die Menschen meinen, die myheimat ihre Beiträge anbieten, sprechen Sie gern von einer Community. Der Ausdruck suggeriert ein Gemeinschaftsgefühl, eine Art Nachbarschaftsidentität. Besteht ein solches Gemeinschafts-Bewusstsein bei Ihren Autoren und Lesern?

Definitiv. Es ist unglaublich, wie freundlich und herzlich der Umgang der Nutzer auf myheimat untereinander ist und wie sehr sie sich mit dem Portal identifizieren. Wir haben selbst darüber gerätselt, woran das liegt, aber es hat sicherlich sehr viel damit zu tun, dass sich die Menschen auf myheimat auch im realen Leben kennen, da sie eben aus der gleichen Stadt sind und sich auch auf der Straße begegnen. Inzwischen sind sogar städteübergreifende Freundschaften entstanden und es finden regelmäßige myheimat-Treffen deutschlandweit statt - wohlgemerkt ohne unser aktives Zutun. Nein, die Community hatte selbst das Bedürfnis, sich im realen Leben kennenzulernen.

Wo sehen Sie Schwächen des Online-Formats im Lokalbereich?

Wir sehen, ehrlich gesagt, keine. Natürlich ist es momentan noch so, dass lokale Informationen am ehesten in gedruckter Form im Briefkasten in Form des Anzeigenblattes oder der Lokalzeitung erwartet werden. Aber der Anteil der Nutzung von Online-Angeboten steigt Jahr für Jahr weiter rapide an und die Nutzung von mobilen Endgeräten übersteigt dabei sogar die Nutzung durch PCs am heimischen Schreibtisch. Früher oder später wird für jeden offensichtlich, dass er die aktuellere, umfangreichere und differenziertere Information eben online bekommt.

Glauben Sie, dass die Medienlandschaft der Zukunft sich irgendwann ganz über den Online-Bereich definiert oder sehen Sie das Online-Format eher als dauerhafte Ergänzung zum Print-Bereich?

Es handelt sich bereits jetzt schon nicht mehr um eine Entweder-oder-Frage, denn alle Formate sind untrennbar miteinander verwoben und können nicht mehr abgegrenzt voneinander betrachtet werden. Der Printbereich kann nur eine einzelne Ausprägung des Informationskonsums unter vielen sein und sich in dieser Definition auch bewähren, aber Print- und Online sind selbst nur Unterformen eines Phänomens, das neulich mit „genuin digitale Inhalte“ von BBC-Chef George Entwistle treffend bezeichnet wurde. Inhalt kann nicht mehr „für online“ oder „für print“ erstellt werden.

Wie sollte in Ihren Augen das Berufsbild des Journalisten aussehen, der crossmedial arbeitet? Welche Veränderungen empfehlen Sie in der Journalisten-Ausbildung?

Dem crossmedial arbeitenden Journalist wird in Zukunft verstärkt vernetzt und eingewoben in Netzwerken Geschichten entdecken, weiterentwickeln und immer wieder neu aufgreifen und aktualisieren. Er wird die Kommentare und Hinweise von Lesern in sein eigenes Material einbeziehen und mehr die Rolle des Kuratierens, Animierens und Motivierens übernehmen. Ich denke, dass Journalisten in Zukunft stärker in der Lage sein müssen, kollaborativ zu arbeiten, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, Lesern Hintergründe und Zusammenhänge aufzuzeigen und ihnen Fakten befreit von lobbyistischen Interessen in ihrem Für und Wider verständlich aufzubereiten.