Lange Nacht des Menschenrechts-Films in München
ARRI-Kino 8. Februar 2017 19:00 Uhr

Pressekonferenz Filmnacht Menschenrechts-Filmpreis Mediathek Pressespiegel

Kurzporträts der prämierten Filme und Autoren

Preisträger Kategorie Amateur

„Morgenland“ von Sonja Elena Schroeder, Luise Rist, Hans Kaul und Thomas Kirchberg
 Essayfilm von 2015, 34:30 Minuten
 
 Synopsis
 Jugendliche Geflüchtete aus Syrien, dem Irak, aus Afghanistan, Eritrea und Somalia stehen gemeinsam mit Göttinger Jugendlichen, deren Eltern vor 16 Jahren aus dem Kosovo geflüchtet sind, vor der Kamera. In dem verspielten, surrealen und gleichzeitig abgrundtief realistischen Film inszenieren sie sich selbst an Lieblings- und Sehnsuchtsorten sowie in ihren Traumberufen.
 
 Biografie
 Sonja Elena Schroeder (Regie), Film- und Theaterregisseurin und Ausstatterin, ist in der freien Theaterszene sowie an festen Häusern aktiv. Thomas Kirchberg (Kamera, Schnitt) ist selbstständiger Filmemacher mit den Spezialgebieten Musikvideos und Dokumentarfilme sowie Sprecher der jungen Medienszene Niedersachsen. Schroeder und Kirchberg betreiben zusammen das Label Bildwerfer.
 
 Luise Rist (Text) ist Autorin, Dramaturgin und Theaterregisseurin und arbeitet derzeit an einem Drehbuch für die Verfilmung ihres Debütromans „Rosenwinkel“. Hans Kaul (Musik) ist Schauspiel-Musiker, Pianist und Komponist. Neben Filmmusiken arbeitet er an einer Oper mit arabisch-persischen Elementen. Rist und Kaul gehören zum Freien Theater Boat People Projekt.
 
 „Morgenland“ ist eine Zusammenarbeit von Bildwerfer und Boat People Projekt. Im Oktober 2016 feierte mit „Such mich!“ ein weiterer gemeinsamer Film Premiere.
 
 Aus der Jury-Begründung
 „Mit diesem tragisch-komischen und zugleich sehr liebevollen, poetischen Film haben es die Macher*innen geschafft, die Herzen der Zuschauer*innen zu berühren. Die Jury findet, dass der Film „Morgenland“ ein herausragendes Beispiel dafür ist, dass Menschen Hand in Hand Großartiges schaffen können. Das beginnt mit einem Film wie diesem. Und wenn viele es wollen, dann lässt sich so viel vorstellen, das als Wunschtraum beginnt und Realität werden kann.“
 

Preisträger Kategorie Bildung

„Durch den Vorhang“ von Arkadij Khaet
 Drama von 2016, 27 Minuten
 
 Synopsis
 Unbeschwert macht Tom sich mit seiner Klasse auf die Reise nach Israel. Weder sein Lehrer noch die Aussicht auf einen engen Tagesplan verderben ihm die Stimmung. Als er wenige Stunden nach seiner Ankunft verletzt im Krankenhaus liegt, ist Tom seine gute Laune vergangen. Wie ist er hierher gekommen? Er lässt die letzten Stunden noch einmal Revue passieren und seine Wut auf das fremde Land wächst, bis seine Bettnachbarin durch den Vorhang, der die beiden trennt, zu erzählen beginnt.
 
 Biografie
 Arkadij Khaet wurde in der Sowjetunion geboren. Kurz danach verließ seine Familie mit ihm das heutige Moldawien und immigrierte nach Deutschland. Nach dem Ende seiner Schulzeit lebte er in Israel. Danach studierte er Film und Fernsehen an der Macromedia-Hochschule Köln. Während des Studiums gründete er mit drei Kommilitonen die Produktionsfirma Freigeist| Film GbR und begann, seine eigenen Projekte zu realisieren. Seit Oktober 2016 studiert Arkadij Khaet Filmregie an der Filmakademie Baden-Württemberg und lebt in Ludwigsburg.
 
 Filme
 „Scheideweg“ (Kurzfilm, 4 Min., 2016)
 „Hikikomori“ (Kurzfilm, 30 Min., 2016)
 
 Aus der Jury-Begründung
 „Durch das durchgängig überzeugende Spiel der Darsteller bietet der Film Identifikationsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler und ist aus diesem Grund ein wertvoller Beitrag gerade auch im Bildungskontext. ¸Durch den Vorhang‘ ist ein Glücksfall, weil er filmisches Können mit einer eindrücklichen, jedoch niemals aufdringlichen Botschaft verbindet.“
 

Preisträger Kategorie Hochschule

„Where to, Miss?“ von Manuela Bastian
 Dokumentarfilm von 2015, 83 Minuten
 
 Synopsis
 Die junge Inderin Devki lebt im ständigen Konflikt zwischen ihrem Wunsch nach Emanzipation und den fest verankerten Traditionen der indischen Gesellschaft. Ihr größter Wunsch ist es, Taxifahrerin zu werden, um andere Frauen sicher nach Hause zu bringen und finanziell unabhängig zu sein. Um ihr Ziel zu erreichen, muss sie sich zuerst gegen ihren Vater, dann gegen ihren Ehemann und schließlich gegen ihren Schwiegervater durchsetzen. Devki muss ständig dafür kämpfen, ihre Träume zu verwirklichen, ohne dabei ihre Familie zu verlieren. An ihrem Beispiel erzählt der Film, warum es für eine indische Frau so schwierig ist, sich aus den traditionellen Rollenbildern zu befreien.
 
 Biografie
 Manuela Bastian wurde am 24.07.1987 in München geboren. Ihr Abitur absolvierte sie 2007 an der Freien Waldorfschule in Landsberg am Lech. Danach studierte sie Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. 2011 realisierte sie den Dokumentarfilm „Kampf in Pink“ in Indien. Seit 2012 studiert Manuela Bastian im Studiengang Dokumentarfilm/Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg.
 
 Filme (Auswahl)
 „Kampf in Pink“ (Dokumentarfilm, 60 Min., 2011)
 „Sandy Lost in Space“ (Animationsfilm, 5 Min., 2013)
 „Papa Afrika“ (Dokumentarfilm, 46 Min., 2015)
 Bester Dokumentarfilm beim International Film Festival Zoom 2016
 
 Aus der Jury-Begründung
 „Manuela Bastian gelingt es, dass wir Devkis Lage auf sehr vielschichtige Weise mitempfinden können. (…) Der Film behandelt ein noch immer hochaktuelles Thema auf sehr anschauliche Weise und regt das Publikum mit überraschenden Wendungen dazu an, die eigenen Vorstellungen in Bezug auf Rollenbilder genauso zu hinterfragen wie diejenigen über das Land Indien.“
 

Preisträger Kategorie Kurzfilm

„Esperanza 43“ von Oliver Stiller
 Dokumentarfilm von 2015/2016, 20 Minuten
 
 Synopsis
 Am 26. September 2014 verschwanden im mexikanischen Ayotzinapa nach Übergriffen der Polizei 43 Studenten eines Lehramtsinternats. Sechs weitere Personen starben in derselben Nacht. Offiziell ist der Fall abgeschlossen; die vermissten jungen Männer wurden für tot erklärt, obwohl nicht einer von ihnen gefunden wurde. Der Rechtsanwalt Luis Salas ordnet die dünne Beweislage ein. Ernesto, einer der wenigen an der Universität verbliebenen Kommilitonen, war bei den Vorfällen dabei. Wie die Eltern der 43 Studenten hat er die Hoffnung, die jungen Leute an der Schule wieder zu sehen.
 
 Biografie
 Oliver Stiller wurde am 27. September 1977 in Lüneburg geboren und studierte an der Universität Flensburg Internationales Management. Er absolvierte eine Ausbildung zum Mediengestalter und sammelte als Praktikant in Filmstudios u.a. in Mexiko und als Mitarbeiter bei kleinen Filmproduktionen Erfahrung. Seit 2006 hat er auf der MS Deutschland und der MS Europa über 50 Länder bereist und durch Reisedokumentationen seine eigenen Drehbücher und Kurzfilme finanziert.
 
 Filme (Auswahl)
 „Vagabund“ (Kurzfilm, 2008/2009)
 Beitrag bei den First Steps Awards 2010
 „Wanderer“ (Kurzfilm, 2011)
 „La Cereza“ (Kurzdokumentarfilm, 2012/2013)
 
 Aus der Jury-Begründung
 „Die Jury war beeindruckt von der Offenheit des Blickes eines jungen Filmemachers. Wir waren auch davon beeindruckt, dass Oliver Stiller ohne große finanzielle Unterstützung seinen Film realisiert hat. (...) Manche Sachen dürfen nicht in Vergessenheit geraten, deshalb muss man ihnen die Aufmerksamkeit einer Kamera schenken.“
 

Preisträger Kategorie Langfilm

„cahier africain“ von Heidi Specogna
 Dokumentarfilm von 2016, 119 Minuten
 
 Synopsis
 300 Mädchen und Frauen aus der Zentralafrikanischen Republik haben in einem Schulheft dokumentiert, wie sie im Jahr 2002 im Zuge von Kriegshandlungen von kongolesischen Söldnern vergewaltigt und misshandelt wurden. Der Film begleitet über einen Zeitraum von sieben Jahren unter anderen eine Muslimin, die als Folge einer Vergewaltigung eine Tochter zur Welt gebracht hat. Er zeigt auch die Geschichte einer Christin, die mit den Folgen einer schweren Schussverletzung zu kämpfen hat. Während die Frauen versuchen, mit Zuversicht ihren Alltag zu meistern, bricht ein neuer Bürgerkrieg aus und reißt das Land wieder in einen Strudel von Gewalt und Vertreibung.
 
 Biografie
 Heidi Specogna wurde 1959 in Biel in der Schweiz geboren. Nach dem Studium an der Journalistenschule in Zürich und der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin (DFFB) gründete sie 1990 ihre eigene Produktionsfirma Specogna Film. Mit dieser hat sie seitdem zahlreiche preisgekrönte Dokumentarfilme gedreht. Sie unterrichtete unter anderem an der Hochschule der Künste Berlin und ist seit 2003 an der Filmakademie Baden-Württemberg als Dozentin für Dokumentarfilm tätig. Heidi Specogna lebt in Berlin.
 
 Filme (Auswahl)
 „Tupamaros“ (Dokumentarfilm, 95 Min., 1996)
 Coral Award als bester Dokumentarfilm
 „Das kurze Leben des José Antonio Gutierrez“ (Dokumentarfilm, 90 Min., 2006)
 Schweizer Filmpreis 2007, Grimme-Preis 2008
 „Das Schiff des Torjägers“ (Dokumentarfilm, 91 Min., 2010)
 Preis der Jugend Leipzig, Publikumspreis Duisburg
 
 Aus der Jury-Begründung
 „Große dokumentarische Filmkunst. (…) Das Filmteam folgt [den Frauen], zeigt ihr Schicksal mit einer fast stoischen Schonungslosigkeit. (…) Dabei werden die Menschen nie entwürdigt, nie ausgestellt. Sondern ihnen wird die Würde zurückgegeben, die ihnen mit Begriffen wie‚ Flüchtling‘ im Mahlstrom der täglichen TV-News- und Polit-Talkshow-Maschinerie genommen wird.“
 

Preisträger Kategorie Magazinbeitrag

„Mexiko – Künstler gegen das Verbrechen“ von Alexander Bühler und Jens-Uwe Korsowsky
 Magazinbeitrag/Kultur von 2015, 6:50 Minuten
 
 Synopsis
 An den 43 seit 2014 verschwundenen Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa kommt man im mexikanischen Alltag nicht mehr vorbei. 43 ist eine Chiffre für das ungesühnte Verbrechen in Mexiko geworden, für die Verstrickungen des Staates mit der Drogenmafia. Künstler und die Eltern der Studenten sind die moralische Instanz einer neuen zivilgesellschaftlichen Bewegung geworden. Musiker wie der Rapper Lengualerta machen in ihren Songs auf das unaufgeklärte Verbrechen aufmerksam und wollen nicht nur die Erinnerung an die 43 jungen Männer wachhalten, sondern auch den Protest organisieren.
 
 Biografie
 Alexander Bühler hat in Heidelberg, Mexiko-City und Köln Mittlere und Neue Geschichte, Ethnologie und Politikwissenschaft studiert. Seit 2002 ist er freier Journalist. Er schreibt für verschiedene Zeitungen und Magazine, zum Beispiel wie Der Spiegel, Neue Zürcher Zeitung oder Die Zeit. Für ttt - titel thesen temperamente (ARD) und Aspekte (ZDF) verfasst er Fernsehbeiträge und ist auch für verschiedene Radiosender aktiv. In den letzten Jahren berichtete er vermehrt aus Konfliktregionen wie Syrien, Irak und dem Kosovo. Bühler hält auch Vorträge und Seminare auf Kongressen und an Universitäten.
 
 Aus der Jury-Begründung
 „Die Jury hat dem Beitrag den Deutschen Menschenrechts-Filmpreis verliehen, weil er eindrücklich zeigt, wie Kunst, wenn sie denn Grenzen überschreitet, zum wichtigen Appell für Gesellschaften werden kann. Die Sendung widmet sich immer wieder schwierigen politischen Inhalten und bezieht (…) Stellung für ein positives soziales Miteinander.“